Pflegekinder

Ein Pflegekind ist ein Kind, das nicht in seiner Ursprungsfamilie, sondern in einer anderen Familie, seiner Pflegefamilie lebt.
Pflegekinder kommen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen in eine Pflegefamilie:


  • Eltern können aufgrund eines Todesfalls, einer schweren Erkrankung oder eines Unfalls ihre Kinder nicht mehr versorgen
  • Eltern geraten aufgrund äußerer Umstände in eine schwere Krise
  • Eltern sind mit dem alltäglichen Leben überfordert und können ihren Kindern keine verlässlichen Eltern sein


Verfahrensablauf


Zunächst prüft das Jugendamt Unterstützungsmöglichkeiten für die Familie mit dem Ziel, das Kind wieder selbst versorgen zu können. Diese so genannten familienstützenden Maßnahmen (zum Beispiel Sozialpädagogische Familienhilfe) können auch über einen längeren Zeitraum angeboten werden und sind oft gerade dann erfolgreich, wenn äußere Ursachen für die Familienkrise verantwortlich waren.
Verbessert sich die Situation für die Kinder bzw. das Kind durch die ambulanten Hilfen nicht, kann die Suche nach einer geeigneten Pflegefamilie zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung geeignet sein. Insbesondere bei jüngeren Kindern, die nicht mehr bei ihren Eltern leben können, ist die Pflegefamilie in den meisten Fällen die geeignete Hilfe.
Muss ein Kind zu seinem Schutz direkt und schnell aus seiner Familie geholt und "in Obhut" genommen werden, so findet es zunächst Unterkunft in einer Bereitschaftspflegestelle oder einer Heimgruppe. Sind die Eltern mit der notwendigen Hilfe nicht einverstanden, muss das Jugendamt zum Schutz des Kindes das Familiengericht einschalten. Dieses kann dann die Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie veranlassen.
Kinder haben ein Recht darauf, in einer Familie aufzuwachsen. Daher wird für jedes Kind, das in der eigenen Familie nicht mehr leben kann, geprüft, ob dies in einer Pflegefamilie möglich ist. Dabei geht es um Fragen wie:


  • Kann es sich auf Menschen einlassen, kann es Nähe vertragen, möchte es in einer Familie leben?
  • Welche Bedürfnisse hat das Kind?
  • Gibt es Pflegefamilien, die zu diesem Kind passen?


Potenzielle Pflegefamilien werden durch den Pflegekinderdienst im Vorfeld umfangreich überprüft, beraten und auf ihre Aufgabe vorbereitet.
Nach der Aufnahme eines Pflegekindes werden Pflegefamilien vom Pflegekinderdienst des Jugendamtes begleitet und betreut. In regelmäßigen Hilfeplangesprächen wird mit ihnen, dem Kind, den leiblichen Eltern, ggf. dem Vormund über die Entwicklung des Kindes gesprochen.
Für die Betreuung eines Pflegekindes erhalten Pflegeeltern den materiellen Aufwand erstattet sowie eine sogenannte Erziehungspauschale. Es besteht Anspruch auf Elternzeit. Zudem werden Beihilfen gewährt (z.B. eine elterngeldanaloge Beihilfe).


Die nachfolgenden Angaben sollen einen ersten Überblick über die Pflegeformen und Anforderungen an die Pflegeeltern geben. 


1. Welche Pflegeformen gibt es?


Kurzzeitpflege 


Es werden für eine befristete Zeit Kinder aufgenommen, deren Eltern sich aus unvorhersehbaren Gründen (z. Bsp. wegen eines Krankenhausaufenthalts) vorübergehend nicht um ihre Kinder kümmern können. Der Pflegekinderdienst ist bemüht, Pflegeeltern in der Wohnumgebung des Kindes zu finden, damit der Kontakt zu den leiblichen Eltern und dem gewohnten Lebensumfeld des Kindes aufrechterhalten werden kann. Der Aufenthalt im Rahmen der Kurzzeitpflege ist in der Regel planbar.


Vollzeitpflege 


Die Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten (siehe § 33 SGB VIII).


Verwandtenpflege 


Bei der Verwandtenpflege handelt es sich um ein besonderes Vollzeitpflegeverhältnis, in dem Verwandte der Herkunftseltern das Kind dauerhaft in ihrem Haushalt aufnehmen. Wird die Hilfe als Hilfe zur Erziehung gemäß den §§ 27ff. SGB VIII geleistet, haben die Verwandten Anspruch auf Pflegegeld. 


Bereitschaftspflege 


Während der Bereitschaftspflege lebt ein Kind zeitlich befristet bei einer auf diese Aufgabe vorbereiteten Pflegefamilie. Es kann sich um eine Übergangslösung oder eine „Notaufnahme“ aufgrund vorläufiger Schutzmaßnahmen handeln. Das Kind bleibt in der Pflegefamilie, bis seine weitere Perspektive geklärt ist. Der Aufenthalt erstreckt sich nach den Umständen des Einzelfalls von wenigen Tagen bis hin zu mehreren Monaten.


2. Welche Aufgaben kommen auf Pflegeeltern zu?


  • Sie begleiten und unterstützen das Kind in seiner aktuellen Lebenssituation.
  • Sie integrieren das Kind in ihre Familie. 
  • Der Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen des Kindes sollte geduldig und zugewandt erfolgen. 
  • Sie müssen mit dem Jugendamt kontinuierlich zusammenarbeiten. 
  • Sie koordinieren weitere Unterstützungs- und Förderangebote für das Kind.
  • Sie müssen Umgangskontakte zur Herkunftsfamilie pflegen und eine positive Haltung in Bezug auf die Herkunftsfamilie mitbringen. Ob und wie häufig Kontakte mit der Herkunftsfamilie stattfinden, wird mit allen Beteiligten besprochen und geplant. 


3. Wer kann Pflegeeltern werden? 


Gesucht werden Personen, die bereit und in der Lage sind, Erziehungsverantwortung für fremde Kinder zu übernehmen. 


  • Paare mit oder ohne Kinder
  • Patchwork-Familien
  • Alleinerziehende
  • Alleinstehende 


4. Welche Voraussetzungen müssen die Pflegeeltern erfüllen? 


Formale Voraussetzungen


  • Alter


Es gibt keine Altersgrenzen, es wird jedoch auf Lebenserfahrung, Belastbarkeit und Flexibilität geachtet. 


  • Einkommensverhältnisse


Pflegeeltern müssen in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten.


  • Wohnverhältnisse 


Je nach dem Alter des Kindes müssen die räumlichen Voraussetzungen zur Aufnahme eines Pflegekindes gegeben sein.


  • Berufstätigkeit 


Es sollte die Möglichkeit bestehen, die Berufstätigkeit entsprechend des Alters und der Bedürfnisse des Kindes für eine gewisse Zeit ruhen zu lassen.


  • Religionszugehörigkeit 


Die Religionszugehörigkeit des Kindes muss beachtet und ihm die Möglichkeit gegeben werden, sich darin zu entfalten.


  • Gesundheit 


Die Bewerber sowie die Familienmitglieder müssen psychisch und physisch in der Lage sein, ein Kind bei sich aufzunehmen. Ein amtsärztliches Zeugnis ist erforderlich. 


  • Soziales Umfeld 


Das soziale Umfeld sollte ihrer Tätigkeit als Pflegeeltern offen und positiv gegenüberstehen. 


  • Vorstrafen 


Ein erweitertes Behördenführungszeugnis ist einzureichen. Vorstrafen führen in der Regel zum Ausschluss als Pflegeeltern.


  • Kinder in der Pflegefamilie 


Den Bedürfnissen der in der Familie lebenden Kinder ist Rechnung zu tragen. Sie werden je nach Alter und Entwicklungsstand im Bewerberverfahren und vor Aufnahme eines Kindes einbezogen.


Persönliche Voraussetzungen


  • Das soziale Engagement für die Tätigkeit steht im Vordergrund. 
  • Erfahrung mit Kindern und Sensibilität für Verhaltensauffälligkeiten
  • Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Jugendamt und Herkunftseltern
  • Reflexionsvermögen
  • Einfühlungsvermögen
  • Ehrlichkeit
  • Bindungs- und Beziehungsfähigkeit
  • Toleranz
  • Humor und Gelassenheit


Partnerschaftliche Stabilität


Konstante und intakte Beziehungen bilden den Schutzrahmen des Kindes und haben einen wesentlichen Einfluss auf seine positive Entwicklung. Bei alleinerziehenden Pflegepersonen wird besonders das soziale Netzwerk betrachtet, um Entlastungsmöglichkeiten für die Pflegepersonen zu gewährleisten.


Lebensziele/Lebenszufriedenheit


Das Erreichen der eigenen Lebensziele bestimmt in besonderem Maße die eigene Lebenszufriedenheit und Handlungsmotivation. Es ist von besonderer Bedeutung, welche Funktion die Aufnahme eines Pflegekindes für die Bewerber hat und ob Interessenkollisionen zu erwarten sind oder unrealistische Erwartungen in Bezug auf die Aufnahme eines Pflegekindes bestehen. 


Zuständigkeit


Die Zuständigkeit liegt beim Pflegekinderdienst des Jugendamts des Landkreises Gifhorn.
Weiterführende detaillierte Informationen zu den vielfältigen grundsätzlichen und praktischen Fragen rund um das Thema "Pflegekind" in Niedersachsen bzw. in Deutschland erteilt zudem der PFAD-Niedersachsen e.V.


Welche Unterlagen werden benötigt?


Es werden verschiedene Unterlagen benötigt. Wenden Sie sich bitte an den Pflegekinderdienst im Jugendamt. Das Verfahren und die Rahmenbedingungen werden in persönlichen Gesprächen erörtert.


Ergänzende Informationen erhalten Sie auch auf den zentralen Seiten des Landes Niedersachsen.