Das Team des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes im Fachbereich Gesundheit untersucht jährlich ab Herbst bis in den Frühsommer alle Kinder, die im bevorstehenden Schuljahr schulpflichtig werden. Die Untersuchungen finden üblicherweise direkt in den jeweiligen Grundschulen oder im Gesundheitsamt statt.
So sind die Untersuchungen auch zu Beginn dieses Jahres gestartet, mussten aber aufgrund der Kontaktbeschränkungen im Zuge der Entwicklungen des Corona-Virus am 18. März 2020 unterbrochen werden. Ungefähr 1.000 Kinder wurden bis dahin noch nicht untersucht. Es gab in den folgenden Wochen viele Nachfragen von Eltern und Schulen, wann mit einer Wiederaufnahme der Untersuchungen zu rechnen sei.
Ende April waren die Covid-19 Infektionszahlen deutlich rückläufig, sodass ein Organisations- und Hygienekonzept erarbeitet wurde, um die restlichen Untersuchungen sicher und reibungslos durchführen zu können. Als Untersuchungsort wurde dem Landkreis Gifhorn die Turnhalle des Humboldt-Gymnasiums zur Verfügung gestellt. Somit konnten die Untersuchungen ab dem 11. Mai 2020 weitergeführt werden.
Landrat Dr. Andreas Ebel zieht es positives Fazit: „Das Land Niedersachsen hat dieses Jahr einmalig entschieden, dass die kreisfreien Stäte und Landkreise auf die Schuleingangsuntersuchungen verzichten können. Wir halten diese Untersuchungen aber für extrem sinnvoll, um besonders zum Wohle des Kindes entscheiden zu können, ob es eingeschult werden kann oder noch ein Jahr warten sollte. Ich bin sehr froh, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Konzept erarbeitet haben, das sich bewährt hat. Durch die Untersuchungsergebnisse haben alle Beteiligten Sicherheit erhalten und die Vorbereitungen für die Einschulung können getroffen werden.“
Die Turnhalle war ideal, um einerseits genug Platz für parallele Untersuchungsteams zu bieten, aber auch die nötigen Sicherheitsvorkehrungen im Rahmen des Infektionsschutzes einhalten zu können.
Die Eltern und Kinder wurden schon im Zuge der Einladung darauf hingewiesen, nur zum Termin zu erscheinen, wenn das Kind gesund und infektfrei ist. Das Kind sollte nur mit einem Elternteil und ohne Geschwisterkinder kommen, um die Zahl der anwesenden Personen möglichst gering zu halten. Die Eltern wurden gebeten, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und sich bei Wartezeiten an die Abstandsregeln zu halten.
Aufgrund der hohen Zahl der noch ausstehenden Tests mussten mindestens 40 Kinder pro Tag von vier parallel arbeitenden Teams untersucht werden. Hierzu wurden die Familien im 5-Minuten-Takt eingeladen. Am Eingang wurden sie von einer Mitarbeiterin empfangen und über den Untersuchungsablauf informiert. Die Kinder wurden gewogen, gemessen und bei Bedarf auch die Körpertemperatur ermittelt. Eine Zahnprophylaxe-Fachkraft gab Hinweise zur Zahnhygiene, da auf eine Erhebung des Zahnstatus bei der Untersuchung verzichtet werden musste. Jedes Kind bekam eine Zahnbürste zur Erinnerung geschenkt.
Im Anschluss wurde die Familie zum ersten Untersuchungsraum geleitet. Dort führte eine Sozialmedizinische Assistentin einen Hör- und Sehtest durch, überprüfte den Impfstatus und ließ das Kind eine Menschzeichnung anfertigen. Die Assistentin führte das Kind mit Elternteil dann weiter zu den Schulärzten.
Die ärztliche Untersuchung wurde angepasst an die besonderen Umstände. So musste auf eine körperliche Untersuchung aus Infektionsschutzgründen verzichtet werden. Stattdessen wurde im Vorsorgeheft die Durchführung besonders der U9 kontrolliert und die Eltern beraten, zusätzlich den Kinderarzt aufzusuchen. Es wurde überwiegend Einmalmaterial benutzt, um die Anzahl der zu desinfizierenden Materialien möglichst gering zu halten. So bekam beispielsweise jedes Kind den Stift geschenkt, mit dem es eine Menschzeichnung angefertigt hatte. Abschließend wurde für jedes Kind eine schriftliche Schulempfehlung erstellt und eine individuelle Impfempfehlung ausgehändigt. Auch die Schulen wurden über das Ergebnis der Untersuchung informiert.
Beim Verlassen des Untersuchungsraumes bzw. der Turnhalle durch den Hinterausgang verhinderte eine extra eingerichtete „Einbahnstraßenregelung“, dass sich die verschiedenen Familien direkt begegneten. Nach jeder Familie wurden alle berührten Flächen, Geräte und Materialien desinfiziert. Die Mitarbeiter trugen im direkten Kontakt FFP2-Masken, während der Untersuchung standen Plexiglasscheiben zwischen dem Kind und den Ärzten.
Obwohl die Anfahrt nach Gifhorn für viele Eltern einen deutlich höheren Zeitaufwand bedeutete, wurde die Untersuchung sehr zuverlässig wahrgenommen. Nur sehr wenige Kinder sind nicht erschienen und nur einzelne haben krankheitsbedingt gefehlt. Die Resonanz der Eltern war durchweg positiv, da es noch viel Beratungsbedarf hinsichtlich der Einschulung der Kinder gab. Bei Hinweisen auf möglicherweise vorliegende gesundheitliche Einschränkungen in Hinblick auf die Sprache, die Motorik, des Sehens oder Hörens wurde den Eltern eine Mitteilung an den behandelnden Arzt ausgehändigt, um noch rechtzeitig vor Schulbeginn eine notwendige Kontrolle oder Behandlung einzuleiten.
Mit der Durchführung dieses ehrgeizigen Projektes, trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie noch alle Einschulungskinder zu untersuchen, können nun alle Schulanfänger nach Erfassung ihres individuellen Entwicklungsstandes mit den besten Voraussetzungen in die erste Klasse starten oder ihr Rückstellungsjahr im Kindergarten beginnen.