Für immer mehr Bürgerinnen und Bürger rückt der Termin für die Booster-Impfung näher und immer wieder gibt es Probleme bei der Terminfindung. Josef Kraft, Amtsarzt und Leiter des Gifhorner Gesundheitsamtes, stellt sich den wichtigsten Fragen rund um die Impfkampagne.
Wo bekomme ich aktuell meine Corona-Impfung her?
Josef Kraft: „Der Hauptansprechpartner für die Impfung – egal, ob Erst-, Zweit- oder Auffrischungsimpfung – ist das sogenannte Regelsystem, also die Hausärzte, Betriebsärzte und Kliniken. Aber auch der Landkreis Gifhorn bietet offene Impftermine für Jedermann an.“
Wo liegt aktuell die Verantwortung für die Corona-Impfung?
Josef Kraft: „Die Sorgfaltspflicht für den Infektionsschutz der Bevölkerung liegt auf Landesebene. Darunter fällt auch die Corona-Schutzimpfung. Es gibt also eine klare gesetzliche Vorgabe, die das Land Niedersachsen in die Pflicht nimmt.
Demnach entscheidet das Land Niedersachsen, wie bei der Corona-Impfung vorgegangen wird. Die Landkreise und kreisfreien Städte bekommen diese Entscheidung als sogenannten ‚Erlass‘ mitgeteilt und müssen die Vorgaben umsetzen. Als Landkreis Gifhorn können wir in diesem Fall leider nicht eigenmächtig handeln, weil wir an diese gesetzlichen Vorgaben gebunden sind.“
Daran schließen: Warum gibt es keine kommunalen Impfzentren mehr?
Josef Kraft: „Diese Frage kann nur das Land Niedersachsen beantworten. Wie gerade erklärt, trifft das Land hierfür die Entscheidungen. Das Land hat entschieden, dass die kommunalen Impfzentren – wie das in der Stadthalle Gifhorn – in ganz Niedersachsen zum 30. September 2021 geschlossen werden und hat anschließend die Verantwortung der Impfkampagne dem Regelsystem übertragen. Parallel sollen die Kommunen mit den mobilen Impfteams (MITs) das Regelsystem unterstützen.“
Warum schickt dann die Kreisverwaltung nicht einfach mehr MITs los?
Josef Kraft: „Laut den Anweisungen des Landes Niedersachsen ist die Hauptaufgabe der MITs, die vulnerablen Gruppen mit der Corona-Impfung zu versorgen. Dazu zählen unter anderem Personen in Pflegeeinrichtungen. Mit dieser Aufgabe sind unsere MITs jeden Tag betraut. Ferner hat das Land Niedersachsen klar definiert, dass offene Impfangebote durch die mobilen Impfteams als ‚nachrangig‘ zu sehen sind. Alles was die Kreisverwaltung in Sachen offenen Impfterminen anbietet, ist eine freiwillige Zusatzleistung, die wir selbstverständlich gerne bereit sind zu geben.
Die freie Zeit der MITs wird konsequent und lückenlos für offene Impfangebote im gesamten Kreisgebiet verplant. Nach dem Erlass des Landes Niedersachsen dürfen wir pro 40.000 Einwohner ein MIT aufbauen, dass bedeutet, maximal können wir fünf MITs aufstellen. Nach oben hin sind wir also durch die Vorgabe des Landes gedeckelt. Aktuell sind wir dabei – im Rahmen dieser Möglichkeiten – weitere MITs aufzubauen und in Absprache mit den Gebietseinheiten unser Impfangebot auszuweiten.
In den letzten Wochen haben wir bereits zusätzliches Personal eingestellt, das auch zum 1. Januar 2022 beginnt. Aber wir suchen auch weiterhin Unterstützung, um Anzahl und Größe unserer MITs auszubauen. Außerdem werden die MITs bis zum 26. Januar 2022 durch sechs Soldaten der Bundeswehr unterstützt.
Öffentlich wird diskutiert das es einfach zu wenige Impfangebote gibt. Das frustriert die impfwilligen Bürgerinnen und Bürger und sie haben wenig Verständnis dafür, dass das Land Niedersachsen und die Landkreise die Verantwortung hin und her schieben. Es entsteht der Eindruck, die öffentliche Hand will gar nicht so viele Impfungen durchführen?
Josef Kraft „Dieser Eindruck ist natürlich völlig falsch. Die Corona-Impfung ist der wesentliche Grund, warum unser Gesundheitssystem bei diesen hohen Infektionszahlen noch nicht überlastet ist. Die Impfung ist der einzige Weg aus dieser Pandemie. Deswegen ist es so wichtig, dass wir so viele Personen wie möglich impfen können.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass hier ein paradoxes Bild entsteht und die impfwilligen Bürgerinnen und Bürger frustriert sind, denn am Ende des Tages wollen sie ja nur ihre Impfung erhalten. Auch wir als Kreisverwaltung sind mit dem aktuellen Fortschritt nicht zufrieden, weil wir einfach zu langsam vorankommen. Aber noch einmal: Wir können als Kreisverwaltung nur in dem Rahmen agieren, den uns das Land Niedersachen vorgibt. Innerhalb dieses Rahmens laufen wir am absoluten Limit. Wir schöpfen sowohl personell als auch zeitlich und gebäudetechnisch alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aus und bieten Impftermine an, so oft es geht.
Wir haben aufgrund der hohen Nachfrage auch bereits Impftermine über die regulär festgelegten Öffnungszeiten hinaus verlängert. Ein „open end“ ist aber nicht möglich, da uns das medizinische Personal nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Hier sind insbesondere auch die niedergelassenen Ärzte in der Pflicht, das Impfangebot für ihre Patientinnen und Patienten auszuweiten.“
Immer wieder erheben sich kritische Stimmen, dass der Impfstoff unwirksam wäre, weil Impfdurchbrüche auftreten oder nach sechs Monaten eine Auffrischungsimpfung notwendig ist. Wie ist Ihre Haltung dazu?
Josef Kraft „Jeder Impfstoff muss vor der Anwendung durch die Europäische Impfkommission (EMA) zugelassen werden. Zudem prüft auch die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland den jeweiligen Impfstoff und gibt eine Impfempfehlung ab. Das sind beides unabhängige Gremien, in denen Experten auf den jeweiligen Gebieten wissenschaftlich fundierte Entscheidungen treffen. Meldungen über unsicherere Impfstoffe sind damit faktisch schlichtweg falsch.
Impfdurchbrüche können vorkommen. Da die Impfung zwar das Risiko einer Ansteckung deutlich mindert, diese aber nicht zu 100 Prozent ausschließen kann. Das ist aber auch kein Alleinstellungsmerkmal von Corona, sondern kann auch bei anderen Impfungen vorkommen.
Auch Auffrischungsimpfungen sind nichts „corona-typisches“. Auch bei anderen Impfstoffen – beispielsweise für Tetanus, Masern oder Hepatitis B – sind mehrere Impfdosen notwendig, um eine Grundimmunisierung zu erreichen und werden zudem in regelmäßigen Abständen aufgefrischt. Bei der Grippeschutzimpfung ist beispielsweise eine jährliche Auffrischung notwendig.
Zwei Impfdosen für eine Grundimmunisierung und eine Auffrischungsimpfung nach sechs Monaten gegen Covid19 sind also nichts Außergewöhnliches.“
Zu guter Letzt: Wie sieht es aktuell mit der Impfstoff-Versorgung aus?
Josef Kraft: Nachdem uns besonders Anfang Dezember die BioNTech-Lieferungen gekürzt wurden, sieht es mittlerweile wieder besser aus. Wir bekommen zwar immer noch nicht die gesamte Menge des bestellten Impfstoffs, aber die Kürzungen fallen nicht mehr so radikal aus. Dennoch ist es wichtig, dass die Lieferungen in vollem Umfang gewährleistet werden, damit die wichtige Impfkampagne schnell Fortschritte zeigt.
Für Ende Dezember wurden uns zudem zusätzliche Lieferungen des Vakzins von BioNTech aus einem Sonderkontingent des Bundes angekündigt. Allerdings ist bereits jetzt abzusehen, dass die Liefermengen – gerade von BioNTech – zu Beginn des kommenden Jahres wieder sinken werden.